Simeliberg

Zum ersten Mal zu Gast beim Lesezyklus Lesereise mit dieser Erzählung von Michael Fehr ist der in Bern wirkende Schauspieler Christoph Keller, begleitet vom aus Solothurn stammende Schlagzeuger Philippe Adam.

Dieser Erstling war ein Wurf, als der Erzählband 2015 erschien. Michael Fehr, der neben seiner literarischen  Arbeit auch als Schlagzeuger und auf Kleinkunstbühnen auftritt, katapultierte dieser Erfolg in das öffentliche Bewusstsein. 2014 hatte Michael Fehr mit diesem Text  am Klagenfurter Wettbewerb den 2. Platz errungen.

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«Grau
nass
trüb
ein Schweizer Wetter
ziemlich ab vom Schuss
nur über einen pflotschigen Karrweg von oben
herab zu erreichen
in einem Krachen ein wüstes
tristes Bauernhaus mit ungestümem Dach
ein zerklüfteter Haufen aus grauen und schwarzen
Tupfen
unter dem ein Haufen blinder Fenster leer in die
Öde starrt
in der wenig heiteren Stube hocket der Landmann
mit dem Rücken zur Fensterzeile
nach der drückenden Stille
mit der das Gebälk lastet und den Raum niedrig hält
der einzige Mann und Mensch im Haus
draussen motort es schwankend von oben herab
zum Haus heran
(…)»

Hinunter in ein buchstäbliches Loch, durch Matsch und Dreck, fährt Gemeindsverwalter Griese, Sohn eines deutschen Vaters und als solcher ohne Chance, jemals vollwertiger Teil der Dorfgemeinschaft zu werden. Er wurde in diesen Krachen geschickt, um den als Sonderling betrachteten Schwarz zu holen und in die Stadt zu bringen, wo die Sozialhilfe seine Ansprüche auf Fürsorge prüfen soll. Er erfüllt aber nur widerwillig den Auftrag der kantonalen Sozialhilfebehörde. Denn die Frau von Schwarz ist verschwunden und in der Stadt will man der Angelegenheit auf den Grund gehen.

Die Welt, die hier beschrieben wird, in einer rhythmisierten, intensiven Sprache ohne Satzzeichen, ist bevölkert von einem knorrigen, verstockten Menschenschlag. Sie ist gekennzeichnet von Gegensätzen: da die scheinbare Normalität der Oberwelt, dort die dunklen Machenschaften im sumpfigen Loch. Droben die Menschen Weiss und Wyss, drunten der Bauer Schwarz. Dazwischen der Grenzgänger Griese, der je länger, desto stärker zwischen alle Fronten und in die Mühlen der Behörden gerät.

«Der junge Berner Autor Michael Fehr legt mit «Simeliberg» ein Buch von enormer Wucht vor. Es ist zum einen ein Krimi, zum andern ein düsteres Sittenbild der gar nicht heilen Schweiz.»
Manfred Pabst, NZZ-Online, 1.3.2015

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Portrait des Autors Michael Fehr

Michael Fehr

geboren 1982 und aufgewachsen in Gümligen bei Bern ist Schriftsteller, Musiker und Performer und bezeichnet sich selbst als Erzähler.

Er studierte am Schweizerischen Literaturinstitut und an der Hochschule der Künste Bern. Fehr tritt auf als Redner, spielt Konzerte mit seinen eigenen Programmen und in Kollaborationen, wirkt mit in Theaterstücken und Filmen und gibt Workshops.

Für sein Schaffen erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Kelag-Preis am Ingeborg-Bachmann-Preis für den Roman «Simeliberg».
www.michaelfehr.ch

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