Die Schöne der Welt
Franco Supino entstammt einer italienischen Familie, die in den Sechzigerjahren in die Schweiz kam, um hier zu arbeiten, wie Millionen anderer Menschen italienischer, türkischer, portugisischer. spanischer, griechischer Abstammung. Man braucht(e) sie in den Fabriken und den Baustellen Mittel- und Westeuropas.
Hanspeter Bader als Sprecher und Ben Jeger als musikalische Begleitung, die in der Saison 2023/24 den wunderbaren Peter Bichsel-Abend bestritten haben, werden diesen Roman zu einem Erlebnis machen.
«Das Haus war groß, die Zimmer hoch, der Gang kahl. Den Gang entlang, hinten rechts, das war Massimos Zimmer. Hier lag er auf dem schmalen Bett, einer Pritsche eher, wie sie im Süden üblich sind, kein Lattenrost trug die Matratze, sondern ein Metallgeflecht. Es war dämmrig, die Rollläden sind im Sommer stets heruntergelassen, das ist normal.
Er schlafe, sagte Signor Iovine. Später werde er sicher aufstehen.
Einen Tisch sah Fausto, ein Pult, ein leeres Büchergestell.»
Sie kennen sich seit ihrer Kindheit. Sie sprechen den gleichen neapolitanischen Dialekt, ihre Eltern stammen aus demselben Dorf, sind fast gleichzeitig in die Fremde gegangen. Doch ihr Leben ist anders verlaufen. Faustos Eltern haben die Rückkehr Jahr um Jahr hinausgeschoben und sind geblieben: Fausto hat studiert, lebt als Anwalt in der Stadt, die so etwas wie eine Heimat geworden ist. Massimos Familie ist nach 15 Jahren nach Italien zurückgekehrt, der Vater hat mit dem Ersparten eine Existenz aufgebaut.
Doch als Fausto mit den Eltern das Dorf besucht, in dem keiner mehr sie kennt, liegt Massimo im Bett, stumm, seit Wochen schon. Das Geschäft des Vaters übernehmen will er nicht, im Dorf fühlt er sich fremd.
Ein paar Jahre später wird er wieder in der Stadt seiner Kindheit auftauchen und Fausto bitten, ihm bei der Suche nach einer Stelle behilflich zu sein.
Franco Supino
Franco Supino wurde 1965 in Solothurn als Kind italienischer Eltern geboren und wuchs zweisprachig auf. Er absolvierte sein Studium der Germanistik und Romanistik an den Universitäten Zürich und Florenz und schloss mit einer Arbeit über Günter Eich ab.
Bereits als Schüler veröffentlichte Supino erste Texte in Anthologien, Zeitschriften und im Radio. Zwischen 1983 und 1990 verfasste er mehrere Features, Rundfunkerzählungen und ein Hörspiel für das Schweizer Radio DRS. Sein erster Roman «Musica Leggera» wurde 1995 veröffentlicht. Seitdem hat er fünf weitere Romane veröffentlicht, von denen zwei Künstlerschicksalen gewidmet sind.
In den letzten Jahren hat sich Franco Supino zunehmend auch der Kinder- und Jugendliteratur zugewandt. Davon zeugen die beiden SJW-Bände «Die Wilderer der Maremma» und «Linas Stein» und vor allem der groß angelegte, auf einen Gotthelf-Stoff und ein aktuelles Bauprojekt in Solothurn zurückgreifende Jugendroman «Wasserstadt», für den er mit einem Werkbeitrag der Pro Helvetia ausgezeichnet wurde.
Franco Supino ist Dozent an der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz und lebt mit seiner Familie in Solothurn.
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