Jakob der Lügner

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EFlyer Lesung Jakob der Lügner

Jens Wachholz und Andreas Berger lesen aus dem berühmten (und sehr berührenden) Roman Jakob der Lügner des deutsch-polnischen Schriftstellers Jurek Becker.

Trailer

Flyer Kulturgarage 5.3.23

Programmzettel

«(…) Es ist also Abend. Fragt nicht nach der genauen Uhrzeit, die wissen nur die Deutschen, wir haben keine Uhren. (…) Jakob beeilt sich, er hat nicht mehr viel Zeit, es ist schon vor einer sehr guten Weile dunkel geworden. Und auf einmal hat er überhaupt keine Zeit mehr, nicht eine halbe Sekunde, denn es wird hell um ihn…(…)»

Jakob Heym, Jude und Bewohner eines jüdischen Ghettos in Polen während der deutschen Besatzung, hört eines Abends zufällig auf der Revierwache eine Radionachricht, der zufolge die Russen nur noch etwa 400 Kilometer entfernt sein sollen. Am nächsten Tag und weil er seinen Arbeitskollege Mischa von einer lebensbedrohenden Dummheit abhalten will, erzählt er ihm von dieser Nachricht.  Natürlich kann Mischa den Mund nicht halten, natürlich verbreitet sich diese Nachricht im ganzen Ghetto. Die Weitergabe dieser Hoffnung stiftenden Nachricht hat ungeahnte Folgen: Selbstmorde hören auf, die Ghettobewohner beginnen Zukunftspläne zu schmieden, überall gibt es plötzlich wieder Lebensmut. Um seiner Nachricht Glaubwürdigkeit zu verleihen, musste Jakob allerdings zu einer Notlüge greifen: Er gibt vor, ein Radio zu besitzen, etwas, was im Ghetto mit dem Tod bestraft werden würde. Allerdings ist Jakob nun gezwungen, trotz grosser Gewissensbisse, laufend neue Nachrichten zu erfinden, um die Hoffnung, die er geschürt hat, nicht zu zerstören. Doch der Druck ist gross, irgendwann gesteht er seinem Freund Kowalski die Wahrheit, in der Nacht danach begeht dieser Selbstmord. Und Jakob fährt fort, die fiktiven Nachrichten zu verbreitern. Am Ende wird das Ghetto geräumt, die Bewohner werden ins KZ abtransportiert.

Alle Rechte Suhrkamp Verlag Frankfurt/M.

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Jurek Becker

wurde vermutlich am 30. September 1937 in Lodz geboren. Das genaue Datum ist unbekannt: Um den Sohn vor der Deportation zu bewahren, gab sein Vater ihn später im Ghetto für älter aus, als er war. Ab 1939 lebte Jurek im Ghetto von Lodz, danach in den Konzentrationslagern Ravensbrück und Sachsenhausen.

Nach dem Krieg zog Jurek Becker mit seinem Vater, der den Holocaust in Auschwitz überlebt hatte, nach Ost-Berlin. Becker lernte Deutsch, machte 1955 sein Abitur und leistete anschliessend zwei Jahre Dienst bei der Kasernierten Volkspolizei, der Vorläuferin in der Nationalen Volksarmee. Er wurde Mitglied der SED und studierte ab 1957 Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin. 1960 liess er sich vom Studium beurlauben, kam so einer Entlassung aus politischen Gründen zuvor.

Als fest angestellter Drehbuchautor der DEFA schrieb er 1968 das Drehbuch »Jakob der Lügner«, dessen Verfilmung abgelehnt wurde. Becker arbeitete es zum Roman um, der 1969 unter demselben Titel erschien und ein großer Erfolg wurde. 1974 entstand daraus ein DEFA-Film, 1999 eine Hollywood-Produktion. Auch Beckers zweiter Roman »Irreführung der Behörden« wurde 1973 wohlwollend aufgenommen. Sein Einspruch gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 führte zum Ausschluss aus der SED. Mit einem Ausreisevisum der DDR ging Becker 1977 in die USA und ließ sich 1978 in West-Berlin nieder. Becker schrieb Aufsätze, Romane und Drehbücher, darunter das Drehbuch für die erfolgreiche Fernsehserie »Liebling Kreuzberg«, für die er 1987 zusammen mit Heinz Schirk und seinem Freund Manfred Krug mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde.

Jurek Becker starb am 14. März 1997 in Sieseby (Schleswig Holstein).

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